Die Frage ist nur: Was ist in dem vorliegenden Hufrehe „Fall“ für das individuelle Pferd das Beste? Hier scheiden sich die Geister erheblich und ich glaube auch nicht, dass es auf diese Frage DIE Antwort gibt. Es ist immer das individuelle Pferd, was uns Menschen zeigt, was richtig ist, wir Menschen müssen lernen, die Pferde zu verstehen und ihnen zuzuhören!
Ich bin ja weder gelernter Hufschmied, noch Hufpfleger oder ähnliches. Aus diesem Grunde habe ich mich hier bisher generell heraus gehalten und die lokale Hufbearbeitung den „Fachleuten“ überlassen. Hier kamen wirklich häufig Schreckensbilder und Schreckensinfos von den Pferdemenschen zum lokalen Teil der Hufrehe Behandlung, übrigens aus allen Ländern, nicht nur aus Deutschland…
Aber gut, ich dachte mir, ich übernehme die innerliche Therapie und die lokale Hufbehandlung muss vor Ort mit den ansässigen „Fachleuten“ durchgeführt werden. Ich lernte schnell, dass es wenige wirkliche Fachleute gibt. Das Dilemma ist, dass es gerade hier bestimmte „Glaubensrichtungen“ gibt, jeder Hufschmied und jeder Hufbearbeiter lernt nun eine bestimmte „Glaubensrichtung“, gleich, wo er seine Ausbildung absolviert. Hiernach arbeiten dann viele recht stur, ohne das individuelle Pferd zu sehen und ohne auf diese ganz individuellen Hufe einzugehen. Also Schema F bei allen Pferden und genau das ist das, was bei keiner „Glaubensrichtung“ (ich sage absichtlich Glaubensrichtung, weil wir Menschen glauben, dass das so ist, wir wissen es nicht, letztlich weiß nur das Pferd selbst, was richtig ist…) funktioniert, denn jeder Huf ist anders und jeder Huf muss deshalb auch anders bearbeitet werden.
Es gibt einige wirkliche Fachleute, diese unterscheidet von anderen, dass sie sich selbst Gedanken machen, dass sie sich selbst mit Pferdehufen und der individuell richtigen Hufbearbeitung befassen und nicht das Gelernte bedingungslos auf jedes Pferd übertragen. Diese wirklichen Fachleute denken also darüber nach, welche Auswirkungen das theoretisch Erlernte gerade bei diesem einen Pferd hat. Sie lernen aus ihren praktischen Erfahrungen und sie unterscheiden sich dadurch, dass sie dazulernen möchten und mit offenen Augen und Ohren ihre Arbeit verrichten.
Natürlich gehört auch ein bisschen „handwerkliches Geschick“ und Einfühlungsvermögen zu einer guten Arbeit am Huf. Wer den Huf als toten Holzklotz sieht und ihn auch so bearbeitet, der wird nie ein Fachmann werden. Ich denke, die schlechtesten Hufbearbeiter sind diejenigen, die überzeugt sind, alles nach dem gleichen Schema grundsätzlich richtig zu machen, denn sie haben schlicht und einfach aufgehört, ihre Arbeit kritisch zu hinterfragen und aus Fehlern die richtigen Schlüsse zu ziehen. Es ist keine Schande, einen Fehler zu machen, eine Schande ist jedoch, ihn nicht zugeben zu können, weil man stur und arrogant nach dem gelernten Schema arbeitet und keine Individualitäten einbezieht.
Ich lernte schnell, dass gerade in der lokalen Hufrehebehandlung die meisten Fehlerquellen sitzen und das ein kleines bisschen zu viel oder an der falschen Stelle abgetragen bereits verheerende Ausmaße haben kann. Dennoch erschien mir dieses Thema so heikel, dass ich hierzu keine Stellung nahm. Warum auch, ich bin Tierheilpraktikerin und für die innerliche Therapie zuständig, hier liegt mein Wissen und nicht in der lokalen Hufbearbeitung.
Letztlich kam ich aber dann doch nicht drum herum, mich ganz intensiv mit der lokalen Hufbearbeitung auseinander zu setzen und sehr intensiv zu lernen. Ich kann das Thema nicht ignorieren, weil es zu einer langfristig effektiven Hufrehebehandlung, und insbesondere auch zur Ursachensuche bei Hufrehe und anderen Lahmheiten unserer Pferde schlichtweg dazu gehört!
Gerade das Thema der lokalen Hufrehebehandlung ist jedoch so schwierig, weil es eben nicht das Schema F und nicht die einzig richtige Behandlung gibt. Es ist ja gerade so schwierig, weil es grundsätzlich individuell betrachtet werden muss. Es ist so schwierig, weil eine falsche Bearbeitung fatale Auswirkungen hat und es ist so schwierig, weil es hierzu nicht einmal großer Korrekturen bedarf, etwas zu viel, etwas an der falschen Stelle korrigiert reicht bereits aus, Hufbeinrotation und Hufbeinsenkung enorm zu beschleunigen sowie Entzündung und Ausschuhen zu provozieren.
Und gerade weil das so ist, kann ich auch lediglich ein paar allgemeine Dinge ansprechen:
Beispielsweise, dass es eben nicht ausreicht, alle 8 Wochen die Hufe vom Hufbearbeiter korrigieren oder beschlagen zu lassen und diese Maßnahme als vorbeugend oder optimal zu bezeichnen, wie ich so oft höre. Originalton: „Die Hufe meines Pferdes werden alle 8 Wochen fachmännisch ausgeschnitten, hieran kann es also nicht liegen…“. Alle 8 Wochen reicht schon einmal sowieso nicht aus, weil der Zeitraum viel zu lang ist. Insbesondere im Zuge einer Hufrehe müssen Hufe in kurzen Abständen bearbeitet werden.
Ein immer wieder auftretendes Problem sind zu lange Zehen. Zehen, die ich sehe, sind eigentlich grundsätzlich und immer zu lang. Ein staatlich geprüfter Hufschmied sagte mir einmal bei einem Pferd, welches extrem lange Zehen hatte: wenn ich da jetzt noch mehr kürze, lahmt der…“ Diese These zeigt, dass bei näherem Nachdenken viele Meinungen schlichtweg verkehrt angelernt werden. Die Zehen waren in diesem Falle so lang, dass sie gut 3 cm kürzer die richtige Länge aufgewiesen hätten. Wie komme ich darauf? Als die Zehen 3 cm kürzer waren, hörte das Pferd plötzlich auf zu stolpern (vorher stolperte es bei jedem zweiten Schritt) und konnte ganz offensichtlich und langfristig wieder vernünftig laufen. Nicht nur das Stolpern war weg, das Pferd wurde auch insgesamt viel beweglicher. Eine Praxiserfahrung also, keine theoretische…
Die lange Zehe wiederum führt grundsätzlich zu einem erschwerten Abrollen und zum „Pantoffelgang“.
Auch ein Problem: die stetige Beschneidung des Strahls, ein Strahl trägt, er darf nicht intensiv beschnitten werden und nur noch als Schatten seiner selbst vorhanden sein, damit er schön und sauber aussieht. Der Strahl wird häufig völlig gedankenlos beschnitten, der Strahl und das Strahlkissen sind unglaublich wichtig für eine Trachtenlandung, der Strahl wächst und wächst, aber nicht, um länger und länger zu werden, sondern um sich mehr und mehr zu verdichten unter dem Druck der Landung, jedes Mal, wenn man den Strahl beschneidet, nimmt man ihm seine Stärke und außerdem seine Hornhaut, die davor schützt, dass Bakterien eindringen können.
Schleierhaft ist mir ganz besonders auch, warum überhaupt an der Sohle selbst herumgeschnitzt wird? Dies führt nur zu einer Fühligkeit des Pferdes, da durch die dünne Sohle jeder Stein erhaben ist und schmerzt und ist völlig unnötig.
Auch nicht schön und bei Hufrehe sogar fatal: stark erhabene Tragränder, unterschiedlich hohe Trachten (wie soll ein Pferd gerade laufen, wenn die eine Tracht 2 cm höher ist als die andere des Fußes?)…
Ein anderes Problem ist das stetige Abtragen der Trachten und Eckstreben, desto mehr hier korrigiert wird bzw. desto öfter, umso schneller wachsen sie nach.
Bei der Trachtenhöhe denken viele Menschen in cm, in Winkeln, in Sohlenniveau, nur wenige denken weiter und schauen auf die Trachten des Pferdes, über dessen Trachten sie gerade reden.
Die Befürworter einer Trachtenerhöhung bei Hufrehe argumentieren damit, dass das Hochstellen der Trachten den Zug der tiefen Beugesehne verringert. Dieser Zug der tiefen Beugesehne ist in ihren Augen für die Hufbeinrotation verantwortlich (was man bereits durchaus in Frage stellen kann und was ich persönlich für gänzlich falsch halte…). Das Gewicht des Körpers wird bei der Trachtenerhöhung vermehrt auf den entzündeten Zehenbereich, also die Zehenwand, gelegt.0
Die heutige Lehrmeinung in Deutschland empfiehlt die „künstliche“ Erhöhung der Trachten. Dies geschieht auf verschiedene Weise, entweder durch Keile, orthopädische Beschläge, Hufschuhe oder Gipse. Zweck ist, Rotation und Senkung des Hufbeines zu vermeiden oder zumindest zum Stoppen zu bringen.
Diese Lehrmeinung besagt, dass die Zugwirkung der tiefen Beugesehne vermindert und die Belastung in die weniger erkrankten Gefäß- und Wandlederhautbereiche der Trachten und Eckstreben verlagert wird. Diese Maßnahme soll eine sofortige Entlastung des erkrankten Aufhängeapparates und damit eine sofortige Schmerzlinderung bewirken. Aber selbst bei dieser Lehrmeinung scheiden sich die Geister, was die Dauer dieser Maßnahme angeht: So meint ein Teil: Langfristig soll es auch durch das Hochstellen der Trachten zu einer verbesserten Durchblutung der geschädigten Lederhautbereiche kommen. Der andere diese Lehrmeinung vertretende Teil: Dass eine Schädigung des Hufbeinträgers nach der akuten Phase bei Trachtenhochstellung eintritt. Die akute Phase wird in der Regel mit 3 – 7 Tagen berechnet. Dies hieße also, dass nach 3 – 7 Tagen die Hochstellung der Trachten wieder korrigiert werden muss, um den Hufbeinträger durch diese nicht weiter zu schädigen!
Die Vertreter des anderen Lagers argumentieren gegen eine Trachtenerhöhung, dass die nichtbodenparallele Lage des Hufbeines (durch das Hochstellen der Trachten) Mangeldurchblutungen auslöst und zu einer chronischen Überlastung des Hufbeinträgers im Zehenbereich führt und so für die Vorbereitung einer akuten Hufrehe anzusehen ist. Ihrer Meinung nach fördert also das Hochstellen der Trachten Hufbeinsenkung und Rotation. Sie sagen, dass eine Trachtenerhöhung also geradewegs zu einer verminderten Durchblutung des Hufbeinträgers im Zehenbereich und zu Schädigungen des Sohlenkörpers und der Hufbeinspitze führt, da die Trachtenhochstellung das Hufbein ja gerade in eine ungünstige Position (also nach vorne Richtung unten, also Sohle, führt).
Ich denke, dass das natürliche Verhalten von Pferden, die Zehe zu entlasten und auf den Trachten aufzufußen, wie es jedes von Hufrehe betroffene Pferd immer und grundsätzlich macht, ganz bestimmt genau das richtige Verhalten ist. Das Pferd weiß schließlich am Besten, wie der Schmerz gemindert wird und welche Stellung bzw. welcher Gang hier Erleichterung verschafft. Das künstliche Erhöhen der Trachten ist zu 100 % gegen das natürliche Gangverhalten der Pferde gerichtet, weil das Pferd so gezwungen wird, mit der Zehe (statt mit der Tracht) aufzufußen. Jedoch muss man auch hier eines bedenken, und zwar, wie hoch sind die Trachten des individuellen Pferdes? Dies muss der Maßstab sein! Sind die Trachten normal hoch oder sogar zu hoch oder sind die Trachten viel zu weit gekürzt? Schaut man sich die Trachten des individuellen Pferdes an, so ergibt sich hieraus die richtige – individuelle – Maßnahme. Auch diese Frage muss individuell beantwortet werden und nicht in der Theorie, weil es auf die Höhe der individuellen Tracht ankommt und diese ganz verschieden ist.
Eine wie ich finde sehr interessante Praxiserfahrung ist auch folgende: Eines meiner Pferde wurde 5 Jahre vom gleichen Hufschmied bearbeitet. Von der ersten Bearbeitung an trat er wie ein Maschinengewehr, ich erkannte mein Pferd überhaupt nicht wieder. Er setzte gezielt an, trat nach und hörte nie auf, wie verrückt nach dem Hufschmied zu treten. Der Hufschmied indes war immer nett, keinerlei Gewalt, keine Schläge, er war konsequent und zog seine Hufbearbeitung sehr ruhig und professionell (sozial betrachtet) durch. Aber dieses Pferd hörte nie auf, immer und immer wieder zu treten. Ich konnte mir überhaupt nicht erklären, warum er das tat, er tat es vorher nie. Mir war sein Verhalten ein Rätsel, da er sonst das liebste Pferd der Welt war, er war nie ungezogen, immer freundlich, immer lieb. Nur, wenn der Schmied kam, war er ein anderes Pferd. Er ging jedoch nie klamm oder fühlig nach dem Hufschmiedbesuch, daher habe ich sein Verhalten nie mit der Hufbearbeitung an sich in Verbindung gebracht. Im Laufe der Jahre wurden jedoch seine Hufe immer kleiner, immer flacher und zwischen den Terminen ging er auch ab und an klamm oder lahmte sogar auf einem Fuß. Da diese Klammheit bzw. Lahmheit jedoch nie direkt nach dem Hufschmiedbesuch eintrat, erkannte ich keinen Zusammenhang. Ich behandelte ihn (natürlich innerlich…) und ein paar Tage später war alles wieder gut. So ging das gut 5 Jahre lang. Dann entschloss ich mich, die Hufe meiner Pferde selbst zu bearbeiten. Ich staunte nicht schlecht: er war total lieb, total geduldig, er versuchte nicht ein einziges Mal zu treten, er zog nicht einmal das Bein weg. Dies jetzt bereits über viele Hufbearbeitungen hinaus. Hätte ich dies nicht selbst bei einem meiner eigenen Pferde erlebt, ich würde diese Geschichte niemandem glauben. Ich habe sie aber selbst erlebt und weiß daher, dass sie sich tatsächlich genauso zugetragen hat.
„Was habe ich daraus gelernt? Ganz einfach: Mein Pferd ist schlauer als ich. Mein Pferd wusste, dass diese Hufbearbeitung für ihn nicht gut ist und wehrte sich daher mit aller Macht, die ihm zur Verfügung stand, gegen diese Hufbearbeitung!“
Daher: wenn Euer Pferd ebenfalls zu Gewalttätigkeiten gegen den Hufbearbeiter neigt, hört auf, es sedieren oder maßregeln zu lassen, wechselt einfach den Bearbeiter!
Ihr müsst lernen, selbst beurteilen zu können, ob Euer Pferd auf vernünftigen Füßen steht, ohne dieses Wissen kann man Euch alles erzählen und ihr glaubt es! Genau vor diesem Hintergrund bieten wir die Hufanalyse/Bearbeitungsempfehlung ganz individuell für jedes Pferd an!